Verstehen und entscheiden: Pränataldiagnostik im Detail
Sind Sie schwanger und fragen sich, ob Ihr Baby gesund ist? Die Pränataldiagnostik bietet verschiedene Untersuchungen, die Hinweise auf mögliche Erkrankungen geben können. Welche Tests gibt es genau? Und was bedeutet es, wenn ein Ergebnis auffällig ist? Hier finden Sie die wichtigsten Informationen, die Ihnen helfen, gute Entscheidungen zu treffen.
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Kurz und einfach
Man kann das Baby vor der Geburt untersuchen.
Diese Tests zeigen mögliche Krankheiten an.
Es gibt verschiedene Tests.
Sie sind immer freiwillig.
Eltern können Hilfe und Beratung bekommen.
Welche vorgeburtlichen Untersuchungen gibt es?
Nicht-invasive Pränataldiagnostik
Die nicht-invasive Pränataldiagnostik greift nicht in den Körper der werdenden Mutter ein und ist für das Baby ungefährlich. Die Untersuchungen können eine Aussage machen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit für eine Erkrankung oder Behinderung des Kindes ist. Eine eindeutige Diagnose geben sie aber nicht. Dafür sind invasive Untersuchungen notwendig, also Untersuchungen, bei denen man in den Körper eindringt und Proben nimmt. In der Regel finden nicht-invasive Untersuchungen statt, bevor eine invasive Methode zum Einsatz kommt.
Zur nicht-invasiven Pränataldiagnostik zählen vier Methoden:
- Ultraschall
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Nackentransparenz-
messung (Messung der Nackenfalte) - Ersttrimester-Screening
- Nicht-invasiver Pränataltest (NIPT)
Mit Ultraschalluntersuchungen können unter anderem das Wachstum, die Versorgung und die Herztöne des Babys sowie die Fruchtwassermenge beurteilt werden. Man kann auch sehen, wie das Baby liegt oder Hinweise auf Organschäden wie Herzfehler oder einen offenen Rücken (Spina bifida) erhalten.
Routinemässige Ultraschalluntersuchungen finden in regelmässigen Abständen statt. Bei Auffälligkeiten können jederzeit weitere Ultraschalluntersuchungen durchgeführt werden.
Bei der Nackentransparenzmessung wird die Flüssigkeitsansammlung unter der Haut im Nackenbereich des Babys mittels Ultraschall gemessen. In geringem Ausmass ist diese Flüssigkeitsansammlung völlig normal. Ist zu viel Flüssigkeit vorhanden, kann dies ein Hinweis auf eine mögliche Chromosomenstörung sein. Die Untersuchung findet zwischen der 12. und 14. Schwangerschaftswoche statt.
Das Ersttrimester-Screening kann in der 12. bis 14. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden. Es ist eine Kombination aus zwei Untersuchungen:
- Messung der Nackentransparenz beim Baby
- Bluttest bei der Mutter
Die Ergebnisse der Untersuchungen werden zusammen mit dem Alter der werdenden Mutter kombiniert. Daraus berechnet man das Risiko für die häufigsten Trisomien: 13, 18 und 21. Dies ist aber noch keine Diagnose, sondern eine Wahrscheinlichkeitsangabe.
Ist das Risiko erhöht, kann als nächster Schritt der Nicht-invasive Pränataltest (NIPT) oder es können invasive Tests durchgeführt werden, um eine definitive Diagnose zu erhalten.
Im Blut der Mutter schwimmen Teile des kindlichen Erbguts. Ab der 12. Schwangerschaftswoche kann mit einem nicht-invasiven Pränataltest (NIPT) das kindliche Erbgut (DNA) aus der Plazenta (Mutterkuchen) untersucht werden. Für den Test wird der Schwangeren Blut abgenommen. Der NIPT kann Hinweise auf Trisomie 13, 18 und 21 beim ungeborenen Kind geben. Auffällige Befunde können durch invasive Tests bestätigt werden.
Invasive Pränataldiagnostik
Die Chorionzottenbiopsie hilft, Chromosomenstörungen (z. B. Trisomie 21) beim Baby zu erkennen. Sie wird gemacht, wenn das Ersttrimester-Screening auffällig war oder wenn in der Familie eine erbliche Krankheit bekannt ist. Die Untersuchung kann ab der 11. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden.
Bei der Untersuchung führt der Arzt oder die Ärztin eine dünne Nadel durch die Bauchwand in die Plazenta (Mutterkuchen). Dort entnimmt die Fachperson Zellen, die das gleiche Erbgut wie das Baby haben. So kann man früh feststellen, ob es eine genetische Krankheit hat.
Die Fruchtwasserpunktion hilft, Chromosomenstörungen (z. B. Trisomie 21) beim Baby zu erkennen. Die Untersuchung wird meist ab der 15. Schwangerschaftswoche gemacht, wenn ein konkreter Verdacht auf eine Erkrankung vorliegt. Ein solcher Verdacht ergibt sich, wenn das Ersttrimester-Screening auffällig war.
Bei der Fruchtwasserpunktion entnimmt eine Ärztin oder ein Arzt Fruchtwasser aus der Fruchtblase. Dafür wird eine dünne Nadel durch den Bauch direkt in die Fruchtblase eingeführt und circa 10 bis 15 ml Fruchtwasser abgesaugt. Mithilfe eines Ultraschalls prüft die Fachperson während des Eingriffs durchgehend die Lage des Kindes und sieht genau, wo sich die Nadel befindet. Die Einstichstelle verschliesst sich sofort wieder und das Fruchtwasser bildet sich in wenigen Stunden wieder nach. Das Fruchtwasser mit den Zellen wird dann im Labor untersucht.
Was Pränataldiagnostik nicht kann – Grenzen und Herausforderungen
Die Pränataldiagnostik kann viele Informationen über die Gesundheit des ungeborenen Babys liefern. Die Untersuchungen haben aber auch Grenzen und bringen Herausforderungen mit sich. Dazu gehören:
- Ungenaue Ergebnisse: Nicht alle Tests sind zu 100 % genau. Manchmal zeigt ein Test eine Auffälligkeit, obwohl das Baby gesund ist. Oder er erkennt eine Krankheit nicht, obwohl sie tatsächlich vorhanden ist. Das kann werdenden Eltern unnötige Sorgen bereiten oder sie in falsche Sicherheit wiegen.
- Ethische Fragen: Wenn ein Test eine Krankheit oder Behinderung beim Baby feststellt, müssen die Eltern schwierige Entscheidungen treffen. Sie fragen sich vielleicht: «Was sollen wir jetzt tun?» oder «Wie wird das Leben mit unserem Kind sein?».
- Begrenzte Aussagekraft: Einige Tests zeigen nur ein Risiko, aber keine eindeutige Krankheit. Sie können also nicht mit Sicherheit sagen, ob das Baby wirklich krank ist oder nicht. Ausserdem gibt es Krankheiten, die mit der Pränataldiagnostik nicht erkannt werden können. Manche Fehlbildungen oder Krankheiten können erst spät in der Schwangerschaft oder nach der Geburt festgestellt werden.
Pränataldiagnostik – gut informiert entscheiden
Alle vorgeburtlichen Untersuchungen sind freiwillig. Sie als Eltern haben das Recht, Tests abzulehnen, nur einzelne Untersuchungen zu machen oder das Ergebnis nicht zu erfahren. Natürlich dürfen Sie Ihre Entscheide im Verlauf der Schwangerschaft auch jederzeit wieder ändern. Die Entscheidung für oder gegen pränatale Diagnostik ist persönlich und bedeutsam. Deshalb ist es wichtig, dass sich werdende Eltern frühzeitig mit dem Thema auseinandersetzen und sich gut informieren. Nur so können Sie Ihre Entscheidung frei und ohne Druck treffen.
Nehmen Sie sich Zeit, um sich über vorgeburtliche Untersuchungen zu informieren. Bereiten Sie sich in Ruhe auf das Gespräch mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt vor. Auch unabhängige Beratungsstellen stehen Ihnen zur Seite und bieten umfassende Informationen und Unterstützung.
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Informations- und Beratungsstellen
- Sexuelle Gesundheit Schweiz
- Verein Ganzheitliche Beratung und kritische Information zu pränataler Diagnostik
- Appella: Anlaufstelle bei Fragen zu Verhütung, Schwangerschaft, Pränatale Diagnostik, Geburt, Kinderwunsch und Wechseljahre
- Profamilia: Unterstützt bei Fragen zu Sexualität, Familienplanung und Partnerschaft
- Sexuelle Gesundheit Schweiz
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Checkliste: Ärztliches Gespräch zur Pränataldiagnostik
Pränatale Diagnostik: Wie soll ich mich entscheiden?
Diese Fragen können bei der Entscheidung für oder gegen vorgeburtliche Untersuchungen helfen:
- Wie lange dauert es, bis das Ergebnis vorliegt?
- Wie sicher ist das Ergebnis der Untersuchung?
- Was machen wir, wenn der Befund auffällig ist?
- Welche Diagnosen erhalten wir über unser Kind in der Schwangerschaft?
- Was wissen wir über Kinder mit einer Behinderung?
Weitere Unterstützung bietet der Entscheidungsbaum von insieme.
Auffälliges Ergebnis der pränatalen Untersuchung – was nun?
Ein Testergebnis, das auf eine Erkrankung oder Behinderung des ungeborenen Kindes hinweist, kann für werdende Eltern eine sehr belastende Situation darstellen. Die Nachricht ist oft mit Unsicherheit und Ängsten verbunden. Es ist vollkommen verständlich, dass sich Eltern in solch einer Situation überfordert und verunsichert fühlen. Sie stehen vor der Entscheidung: Schwangerschaft abbrechen oder weiterführen.
Es ist wichtig, zu betonen, dass es keine «richtige» oder «falsche» Entscheidung gibt. Nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen.
Entscheid für das Kind
Wie sieht das Leben mit einem beeinträchtigen Kind aus? Viele Paare können sich das nur schwer vorstellen. Nutzen Sie die Möglichkeit, sich von Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin rund um allfällige medizinische Massnahmen informieren zu lassen. Elternberatungsstellen bieten zudem wertvolle Informationen zum Leben mit einem Kind mit Einschränkungen. Zudem können sie Ihnen Kontakte zu anderen betroffenen Eltern vermitteln.
Entscheid für einen Schwangerschaftsabbruch
Weist ein Testergebnis auf eine Erkrankung oder Behinderung des ungeborenen Kindes hin, so haben werdende Eltern auch die Möglichkeit, die Schwangerschaft abzubrechen. Diese Entscheidung ist sehr schwierig und kann belastend sein. Lassen Sie sich durch professionelle Fachkräfte begleiten und nehmen Sie Unterstützung vor, während und nach dem Schwangerschaftsabbruch an. Es existieren verschiedene Angebote, bei denen betroffene Paare Unterstützung holen können.
Pränataldiagnostik: Was bezahlt die Krankenkasse?
Geprüft durch Pro Juventute
Die Expertinnen und Experten unserer Partnerin Pro Juventute haben diesen Text fachlich überprüft.